Stefan Gatt über Abenteuer, Prägungen, Pionierleistungen und Gedanken auf 8848m
zur Blog Übersicht05. Jänner 2023 | Sophia Retter

Stefan Gatt über Abenteuer, Prägungen, Pionierleistungen und Gedanken auf 8848m

Stefan Gatt ist ein Abenteurer durch und durch. Seit er mit 4 Jahren in den Tiroler Bergen zum ersten Mal die Bergschuhe an seine Füße schnürte, wurde ihm bald klar: Seine Heimat sind die Berge. Damit meint er aber nicht nur die Tiroler Hausberge – auch dem Everest ist Stefan schon begegnet. Denn Stefan ist der erste Mensch, der vom Gipfel des Mount Everest mit einem Snowboard gefahren ist. Was einem so auf 8850m durch den Kopf geht und wie es eigentlich dazu kam – das verrät er uns heute.

Sophia: Hallo Stefan – schön, dass du dir ein bisschen Zeit für uns nimmst! Sag mal – wurden dir eigentlich die Abenteurer-Gene schon in die Wiege gelegt?

Stefan Gatt: Wenn es so etwas gibt wie „Abenteuer-Gene“ dann sicherlich ja! Meine Eltern waren beide gerne in der Natur und den Bergen unterwegs. Sie haben uns Kinder von Anfang an auf ihre Touren mitgenommen. Ich kann mich heute noch daran erinnern, wie stolz ich war, als ich den Hausberg der Kufsteiner, den Pendling, im Alter von vier Jahren erklommen habe. Mit 8 Jahren war ich dann auf dem Zuckerhütl (3507 m) und von da an gab es praktisch kein Halten mehr. Durch Leistung im Allgemeinen und den Erfolgen in den Bergen im Speziellen konnte ich viel Aufmerksamkeit und Anerkennung von meinen Eltern erhalten. Damit erfolgte eine sehr effektive Prägung in Richtung Abenteuer und Leistung durch meine Herkunftsfamilie – das könnte man im Übertragenen als „Abenteuer-Gene“ bezeichnen. Heute ist Leistung für mich nicht mehr wichtig.  Mir geht es jetzt um den alpinen Erlebnisraum zur persönlichen Weiterentwicklung und die künstlerische Auseinandersetzung mit den Bergen als Fotograf. 

Sophia: Gut, aber dieses Gen war offenbar sehr, sehr, sehr ausgeprägt. Auch wenn das Zuckerhütl der höchste Berg der Stubaier Alpen ist – bis zum Mt. Everest ist es dann noch ein Stückerl… Wie ist es dazu gekommen? 

Stefan Gatt: Lustigerweise war das für mich eine logische Konsequenz. Auf einen Berg folgte der nächste Berg. Ab 1990 war ich zweimal pro Jahr als junger Bergführer in Südamerika unterwegs, bis mich 1996 mein Vater fragte, ob ich die bergsteigerische Leitung für seine Expedition zum Cho Oyu – mit 8201 ist das der sechsthöchste Achttausender – übernehmen möchte. Was als abenteuerliche Tour begann, endete mit einer waghalsigen und spektakulären, noch nie zuvor dagewesenen Rettungsaktion eines verletzten Bergsteigers aus der Todeszone. Diese Erfahrung war für mich sehr wichtig, da ich einmal mehr erkannte, dass Spitzenleistungen viel mehr mit der richtigen Einstellung zu tun haben und dass „Unmöglich“ oft nur eine Meinung ist. Nach dieser Rettungsaktion entstand die Vision, den Mount Everest zu besteigen.

Mount Everest Stefan Gatt
Stefan am Gipfel der Welt – 2001
Sophia: Stefan, was mich jetzt wirklich interessiert, ist… Was denkt man eigentlich, wenn man auf dem Gipfel der Welt angekommen ist. Was schwirrt dann im Kopf herum und wie kommt man auf die Idee den Everest mit dem Snowboard zu befahren?

Stefan Gatt: Hmm … also ich fange mit dem Snowboard an. Ich hab schon auf ein paar hohen Bergen meine Spuren mit dem Snowboard hinterlassen, bevor ich dies 2001 am höchsten Berg der Welt wiederholen wollte. Z.B. 1999 am Cho Oyu. Nach dem Erfolg mit der Rettung 1996 und mit dem Snowboard 1999, fühlte ich mich mental und physisch so stark, dass ich einen Versuch am Everest wagen wollte. Die Erfolgswahrscheinlichkeit lag bei ca. 10% – Wetter, Schneebedingungen, der physische Grenzbereich, meine Aufgaben als Expeditionsleiter etc. waren allesamt hinderlich und doch gelang das Husarenstück. Das Wissen, als erster Mensch dort oben meine Spuren in den Schnee zu zeichnen war großartig! 

Und nun zu deiner ersten Frage: Das Allererste, was mir auf dem Gipfel in den Kopf kam, war Erleichterung. Denn der Mt. Everest ist mental und psychisch eine wahnsinnige Herausforderung vor allem ohne zusätzlichen Sauerstoff. Schon eine halbe Stunde bevor ich auf dem Gipfel ankam, habe ich mich mental nicht nur auf das Jetzt und den nächsten Schritt fokussiert, sondern auf den kurz bevorstehenden Erfolg am Gipfel. Ich dachte mir: „Stefan, jetzt bist Du gleich ganz oben, am höchsten Punkt dieser Erde, am Dach der Welt – genieße diese Zeit – sie kommt nie wieder.“ Dadurch breitete sich auch eine große Dankbarkeit in mir aus und diese halbe Stunde war (nicht nur eine Tortur an der menschlichen Leistungsgrenze), sondern auch ein Genuss!

Die ersten Snowboard-Spuren am Everest
Sophia: Demnächst startest du eine geführte Skitour mit RETTER Sports. Zwar (noch) nicht der Mount Everest, aber der Mont Blanc. Was gefällt dir daran, Menschen auf Gipfel zu führen?  

Stefan Gatt: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich liebe es, mit Menschen in den Bergen unterwegs zu sein und sie dabei zu unterstützen, ihre Träume und Ziele zu realisieren. Meine Teilnehner:innen dabei besser kennenzulernen, neue Situationen und Herausforderungen zu meistern, tolle Fotos von Ihnen in der ungezähmten Natur zu machen und vor allem das Strahlen in den Augen der Teilnehmer:innen am Gipfel oder nach der Tour zu sehen, ist genial!  Im Tal unten anzukommen und die Stunden am Berg zu reflektieren, auf den Erfolg anzustoßen und zu feiern ist wunderschön.

Danke Stefan! Wir freuen uns auf die geführte Mont Blanc Skitour mit dir im Mai!
Mont Blanc Skitour RETTER Sports
Stefan mit seinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei der geführten Mont Blanc Skitour 2022
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und die Welt von oben sehen möchte, hat die Chance, den Bergspezialisten Stefan im Mai auf eine wahnsinnig schöne geführte Skitour auf den Mont Blanc zu begleiten. Also – der höchste Berg der Alpen wartet auf dich!
Das könntest du sein – bei unserer geführten Skitour auf den Mont Blanc!